Mit dem 2007 in Betrieb genommen Bau der Mensa Moltke in Karlsruhe gelang dem Berliner Architektenteam um Jürgen Mayer H. ein international vielbeachteter und ausgezeichneter Beitrag zum nachhaltigen Bauen mit Holz.

Der Begriff „Organische Architektur“ an sich ist schon sehr alt. Als Wegbereiter für modernes organisches Bauen sieht man heute insbesondere die Architekten Antoni Gaudí und Frank Lloyd Wright. Das Loslösen von klassizistischen Formen hin zu der Natur entlehnten Formen (Gaudí) oder der Natur angepassten Formen (Wright) begründete den Trend des organischen Bauens bereits in den 1920er Jahren.
Doch wie auch das Wort „organisch“ hat das Verständnis Organischer Architektur zahlreiche Veränderungen erfahren. Heute wird unter Organischer Architektur vor allem die Verbindung von nachhaltigen, ressourcenschonenden, energieeffizienten Bauen mit gesellschaftlichen Themen wie Nutzerbeteiligung und kulturelle Identität verstanden. In dieser Kombination ist Organische Architektur nicht mehr nur ein Baustil sondern eine Ideologie. Nur eine der Natur entlehnte Formensprache reicht dafür heute nicht mehr aus.
Das Berliner Architekturbüro Jürgen Mayer H. entstammt einer neuen Generation von Architekten. Sie beziehen sich weniger auf Traditionen und sind mehr kommunikationsorientiert. Gerne wird mit neuen Materialien experimentiert.
Da kam dem Büro die Ausschreibung für die neue Mensa der Karlsruher Fachhoch-schule, der Pädagogischen Hochschule und der Kunstakademie gerade recht, um die Leistungsfähigkeit dieses Konzeptes zu demonstrieren. Jürgen Mayer H. gewann den Wettbewerb und wurde mit der Realisierung beauftragt.
Für das Tragwerk orientierte er sich am Aufbau menschlicher Knochen: Geschlossene Flächen verbunden mit einem Gerüst elastischer Stützen. So entstand eine Fassadenform aus schrägen Streben und unregelmäßigen, abgerundeten Fensterausschnitten. Trotzdem bleibt der Bau insgesamt kubisch, was sowohl die technische Bauausführung als auch die spätere Nutzung vereinfacht.
Bei den Materialien ging man ganz neue Wege. Das äußere Tragwerk ist nicht Stahl oder Beton, es sind Kastenprofile aus weniger als 10 Zentimeter starkem Schichtholz, gefüllt mit einer Kerndämmung. Umhüllt wird das Holz mit einer heiß aufgespritzten, diffusionsoffenen Polyurethan-Kunststoffbeschichtung, die UV-fest lackiert ist. Die Fassadenkonstruktion setzt sich auch im pultförmig geneigten Holzdach fort. Das Dach ist fugenlos glatt und zum Teil als Dachterrasse nutzbar.
Im Inneren geht es etwas konventioneller zu. Es überwiegen die einfachen Formen und die pragmatische Zweckmäßigkeit. Und obwohl der innere Kern des Gebäudes in Beton ausgeführt wurde, setzt sich auch die Farbgebung und die diagonale Trägerstruktur in den Innenräumen nahtlos fort. Es gibt einen großen Speisesaal mit 460 Plätzen, ein Café und einige weitere Räume. Auch die Großküche ist im hinteren Teil des im Inneren zweistöckigen Gebäudes untergebracht.
Im Sommer bietet die große Dachterrasse eine einzigartige Aussicht auf die Grünflächen hinter dem Gebäude und den Hochschulcampus. Mit der hellgrünen Farbgebung hebt sich das Gebäude auffällig von der eher traditionell bebauten Umgebung ab. Durch die großen Bäume im Umfeld entsteht für die Mensa eine gewisse Eigenständigkeit, ohne jedoch als Fremdkörper zu wirken.
Der Bau bildet somit den urbanen Kern eines neuen Zentrums auf dem westlichen Campus der Karlsruher Hochschulen und verbindet die aus der FH hervorgegangene Hochschule Karlsruhe, die Pädagogische Hochschule und die Kunstakademie als kommunikativer Mittelpunkt. Zum Sommersemester 2007 wurde der Bau mit viel Publicity eröffnet. Zu dem Zeitpunkt stand das Modell bereits als eines der innovativsten Gebäude im Museum in New York.
Betreiber ist das Studierendenwerk. Heute essen täglich bis zu 1800 Gäste in der Mensa Moltke.
Jürgen Mayer H. (geb. 1965) hat in Stuttgart, Princeton und New York studiert und betreibt seit 1996 ein eigenes Büro in Berlin. Er setzt den Schwerpunkt neben Architektur auf Kommunikationsdesign und neue Materialien. Er gewann zahlreiche internationale Preise mit Entwürfen innovativer Verbundkonstruktionen aus Holz und Kunststoff. So wurde auch der Entwurf der Moltke-Mensa in die permanente Sammlung des Museum of Modern Art in New York aufgenommen .
Literatur:
/1/ https://de.wikipedia.org/wiki/Organische_Architektur
/2/ http://www.jmayerh.de/14-0-Mensa-Moltke.html
/3/ http://dabonline.de/2010/10/29/symbiosen-mit-holz/
/4/ https://ka.stadtwiki.net/Mensa_Moltke
/5/ https://freshideen.com/architektur/organische-architektur-frank-lloyd-wright.html
/6/ https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/kunst/artikel/architekturstile-des-20-jahrhunderts-organische-architektur
Die Webseiten wurden am 21.04.2017 abgerufen.
Das Gebäude steht in Karlsruhe in der Moltkestraße 12.
Download des Textes als PDF: G07_Mensa_Moltke_Karlsruhe_K16-2017
Das Gebäude ist seit Jahren aufgrund eines Rechtstreits dicht eingehüllt und damit hässlich wie die Nacht. Bauen mit Holz ist wichtig, nachhaltig und auch gut möglich – nur leider scheint der richtige Planungsumgang mit dem Werkstoff noch nicht in die Architektur- und Planungsbüros Einzug erhalten zu haben. Meiner Persönlichen Meinung nach weil nur noch Wert auf Fassade und äußere Erscheinung gelegt wird und die Bedachung völlig vernachlässigt: ein Bitumendach ohne Dachüberstand ist nämlich für eine Holzkonstruktion die denkbar schlechteste Lösung!
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Als die Fotos 2017 gemacht wurden, war da die Welt noch in Ordnung. Ich bin schon sehr traurig, wenn ein an sich gutes architektur-(„künstlerisches“) Konzept dann wegen ingenieurtechnischer Mängel oder auch nur wegen mangelnder Instandhaltung oder Pflege nicht nur Schaden nimmt, sonder auch gleich eine ganze Branche in Verruf bringt. Dabei ist es vollkomen egal, ob nun mit Holz, Beton oder Lehm gebaut wurde. Wenn das Gebäude wegen technischer Mängel nach wenigen Jahren generalsaniert oder abgerissen werden muss, dann ist es alles andere als nachhaltig
Der Gebäudeentwurf hatte eine sehr große Strahlkraft. Ich hoffe, dass man sich da schnell einig wird und den Bau wieder in alter Schönheit herstellen kann, egal ob es dann eine kleine Dachkante gibt oder nicht. Ich werde es weiter beobachten.
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