Heute ist es eine Siedlung wie viele andere. Damals war es ein bitter nötiger Beitrag zur Unterbringung von Geflüchteten und Vertriebenen. Die Hackersiedlung in Groß-Umstadt wurde ab 1955 aus dem Boden gestampft.
Der Wegweiser „Hacker-Siedlung“ bringt uns heutzutage ein Lächeln ins Gesicht. Haben die Computerfreaks jetzt sogar schon eine eigene Siedlung?
Die Geschichte ist eine ganz andere. Das Ende des zweiten Weltkrieges führte zu umfangreichen Flüchtlingsbewegungen. Da waren einerseits die „Ausgebombten“, Menschen, die in den großen Städten durch die Kriegsfolgen alles und insbesondere ihre Wohnung verloren hatten. Dazu kamen Menschen, die ihre Heimat im Osten verlassen mussten und nun eine neue Bleibe suchten. In Groß-Umstadt betraf dieses Schicksal im Jahr 1952 insgesamt 1390 Menschen. Sie wurden in vielen Fällen „zwangseinquartiert“, das heißt den angestammten Bewohnern einfach zugewiesen. Der Magistrat beklagte das Fehlen von 450 Wohnungen. Mit Unterstützung des hessischen Landwirtschaftsministers Gustav Hacker begannen 1955 die Planungen. Zunächst wollte man 25 sogenannte Nebenerwerbsstellen bauen. Gemeint waren damit Wohnhäuser mit Grundstücken von 1000 Quadratmetern, die eine Eigenversorgung der Bewohner ermöglichten. Im Laufe des Jahres wurde die Zahl dann schrittweise bis auf 155 Stellen erhöht. Baubeginn nordwestlich der Eisenbahnlinie war Mitte 1956.


Man entschied sich für eine sehr einfache Bauweise auf den handtuchartig angeordneten großen Grundstücken. Die Häuser brauchten Pfahlgründungen, um auf dem leicht sumpfigen Gelände stabil zu stehen. Das schränkte das Budget für die Häuser selbst weiter ein. Die Häuser hatten einen einfachen Grundriss mit zwei jeweils 55 Quadratmeter großen 3-Zimmer-Wohnungen. Das Treppenhaus war außen angesetzt und anfangs mit einem Holzverschlag mit Wellplattenverkleidung eingehaust. Erlaubt waren auch individuelle Anbauten für die Nutzung der Gärten als Nebenerwerb.
Heute gibt es nicht mehr viele Häuser, die die originale Struktur noch erkennen lassen. Ob es davon eines auf die Denkmalliste schafft, bleibt offen. Meist wurden die laveden Treppenhäuser schnell thermisch und nutzungstechnisch überarbeitet. Ab Ende der sechziger Jahre wurde dann fleißig an- und umgebaut. Bei manchen Häusern kann man nur noch an der Fensteranordnung erkennen, wo der Ausgangsbau stand. Nach langjährigen Planungen darf nun auch in die großen Grundstücke in zweiter Reihe gebaut werden, wodurch die Siedlung stetig weiter wächst.

Der damalige Groß-Umstädter Bürgermeister Ludwig Wedel nutzte seine Verbindungen zum hessischen Minister für Landwirtschaft und Forsten Gustav Hacker (1900-1979), um mit einem Siedlungsneubau von mehr als 150 Häusern mit landwirtschaftlichen Nebenerwerbsgrundstücken der Wohnungsnot von fast 1400 Geflüchteten und Vertriebenen zu begegnen. Bis heute wächst die Siedlung im jetzigen Stadtteil Richen stetig weiter.
Literatur:
/1/ https://www.richen.de/hackersiedlung
/2/ https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Hacker
/3/ https://www.echo-online.de/lokales/darmstadt-dieburg/gross-umstadt/bis-zu-140-neue-bauplatze-in-der-gustav-hacker-siedlung-moglich_18275652
Die Webseiten wurden am 20.07.2022 abgerufen.
Die Gebäude stehen in Groß-Umstadt im Ortsteil Richen in und um die Hans-Kudlich-Straße.
Download der Printversion: 171_Hacker-Siedlung_K86-2022