1917 errichtete der Architekt Peter Behrens für die zur AEG gehörende Nationale Automobil-Gesellschaft ein neues Produktions- und Verwaltungsgebäude, das bis heute als Symbol für die aufstrebende Industrie der 1920er Jahre in Berlin gilt.
Ende der 1880er Jahre gründete der deutsche Industrielle Emil Rathenau in Berlin die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG). Durch eigene Innovationen, geschickte Kooperationen und Übernahmen wuchs das Unternehmen sehr schnell und stieg bereits um die Jahrhundertwende zu einem der führenden Elektrokonzerne weltweit auf. In Berlin-Oberschöneweide hatte das Unternehmen bereits umfangreich Gelände erworben und ein großes Kabelwerk in Betrieb. Als Reaktion auf die Krise der Elektroindustrie um die Jahrhundertwende konnte Emil Rathenau zusammen mit seinem Sohn Walther Rathenau 1901 in der mechanischen Werkstatt des Kabelwerkes eine Automobilproduktion unter dem Namen Neue Automobil-Gesellschaft AG (N.A.G.) aufbauen. Durch weitere Übernahmen wuchs das Unternehmen schnell und stellte neben Luxus-PKW auch Busse und Lastkraftwagen her. Auch Elektrofahrzeuge, wie die Elektrodroschke genannten Taxis, waren im Programm. 1915 wurde das Unternehmen in Nationale Automobil-Gesellschaft AG umbenannt und wie die gesamte AEG auf den Bedarf an Rüstungsgütern fokussiert. Um die in der Stadt verteilten Produktionsstätten zusammenzufassen, war ein Fabrikneubau erforderlich.

Der Maler und Self-made-Architekt Peter Behrens verließ 1903 die Darmstädter Künstlerkolonie Mathildenhöhe. 1907 eröffnete er in Berlin ein eigenes Architekturbüro. Kurz darauf wurde er von Walther Rathenau zum künstlerischen Beirat für die AEG ernannt. Mit der Gestaltung vom Logo über das Schreibpapier bis hin zu verschiedenen Elektrogeräten und sogar Gebäuden prägten seine Entwürfe das Erscheinungsbild des Großunternehmens. So verwundert es nicht, dass er auch den Auftrag für den Entwurf des neuen Gebäudes der NAG erhielt. Es wurde ein Bau der Superlative. Allein schon die schiere Größe des Baus beeindruckt. Die Produktion von Fahrzeugen auf mehreren Etagen, die sogenannte Stockwerksfabrik, war Neuland und der ursprünglich als Wasserhochbehälter entworfene Turm machte den Bau mit 58 Metern Höhe zum höchsten Gebäude in Deutschland.

1917 begann die Produktion. Doch schon Mitte der 1920er Jahre kam das Unternehmen in Schwierigkeiten. 1934 stellte die NAG die Fahrzeugproduktion ein. In den Räumen begann die Herstellung von Funkanlagen, Elektronenröhren, Radaranlagen und später Bildröhren. Diese Technik sollte dann auch das weitere Schicksal des Bauwerks bestimmen.
Nach dem Krieg konzentrierte die sowjetische Besatzungsmacht die Entwicklung und Produktion von Funk- und Bildschirmtechnik in dem Gebäude. Daraus entstand bis 1960 das Werk für Fernsehelektronik. Heute nutzen die Hochschule für Technik und Wirtschaft und einige Start-up-Unternehmen den Bau. Seit Mitte 2019 gibt es wieder einen umfangreichen Ausbauplan für das gesamte Gelände.
Walther Rathenau (1867-1922) baute das von seinem Vater Emil gegründete Unternehmen AEG zu einem Weltkonzern mit über 70 000 Mitarbeitern aus. Darüber hinaus engagierte er sich als Politiker und wurde 1922 deutscher Außenminister. Im selben Jahr fiel er in Berlin einem Attentat zum Opfer.
Peter Behrens (1868-1940) war ein deutscher Architekt und Industriedesigner. Seine Gebäudeentwürfe galten vor allem im Industriebau als richtungsweisend.
Literatur:
/1/ https://de.wikipedia.org/wiki/Behrensbau_(Berlin)
/2/ https://de.wikipedia.org/wiki/Nationale_Automobil-Gesellschaft
/3/ https://www.behrensufer.berlin/elektropolis-berlin
/4/ https://www.berliner-woche.de/oberschoeneweide/c-bauen/neuer-eigentuemer-die-ag-will-das-gelaende-zukunftstraechtig-entwickeln_a276478
/5/ https://www.welt.de/regionales/berlin/article868467/Berlins-Beitrag-zum-Automobilbau.html
/6/ https://de.wikipedia.org/wiki/Walther_Rathenau
Die Webseiten wurden am 27.02.2021 abgerufen.
Der Gebäudekomplex steht in Berlin-Oberschöneweide, Wilhelminenhofstraße/Ostendstraße 1–4.
Download der Print-Version: 149_Behrensbau-Berlin_K75-2021