Das Gebäude ist nicht Notre-Dame im Bauhausstil. Es ist das höchste Rathaus der Welt. Der nach den Plänen des Japaners Kenzō Tange erstellte Bau war mit 243 Metern 1991 das höchste Gebäude Japans.

Seit 1624 war das Augsburger Rathaus mit 57 Metern Höhe nicht nur der höchste Profanbau nördlich der Alpen, sondern auch das höchste Rathaus der Welt. Gebäudehöhen waren Machtdemonstrationen. So steht nicht nur in Augsburg direkt neben dem Rathaus ein noch höherer Kirchturm. In vielen Städten, wie zum Beispiel in München oder Dresden, durften die weltlichen Bauten die Höhe der Kirchtürme nicht überragen. Die  Höhenrekorde blieben lange Zeit den Kirchenbauten vorbehalten. So erreichen das Ulmer Münster 161 Meter und der Kölner Dom 157 Meter und waren lange Zeit die höchsten Bauwerke der Welt. Doch die Macht der Kirche bröckelte. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wuchsen die Rathäuser in die Höhe: 1869 in Berlin mit einer Turmhöhe von 74 Metern, in Hamburg 1897 mit 112 Metern und 1910 wurde auch in Dresden die Turmhöhe von 100 Metern erreicht. Doch keines dieser Rathäuser wagte sich über die Höhe der örtlichen Kirchenbauten hinaus.

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Die Doppeltürme der Präfektur-Verwaltung des Großraums Tokyo sind weithin sichtbar.

In buddhistisch geprägten Japan war das anders. Die höchste Pagode Japans in Kyoto erreichte 1644 nur 56 Meter. Die Höhe selbst spielte im erdbebengeplagten Inselstaat eine geringere Rolle. Umso mehr verwundert es, dass der Architekt Kenzō Tange für den Verwaltungsneubau in Tokyo nun gerade das Kriterium Höhe aufgriff und dann auch noch eine Anlehnung an die Form einer gotischen Kathedrale für seinen Bau heranzog. Es ist ein Statement des Architekten für die Öffnung japanischer Architektur gegenüber westlichen Kultureinflüssen – und zwar ein gewaltiges.

Der Bau wurde von 1988 bis 1991 realisiert und besteht neben dem Doppelturm aus noch zwei weiteren, weniger spektakulären Gebäuden. Mit einer Turmhöhe von 243 Metern übersteigt der Bau auch deutlich die Höhe aller westlichen Kathedralen. 1991 war das Verwaltungsgebäude das höchste Hochhaus in Japan. Inzwischen ist es nur noch auf Platz 9 und wird von kommerziellen Gebäuden überragt. Höhe ist eben doch eine Machtdemonstration.

Der Japanische Architekt Kenzō Tange (1913-2005) gilt als einer der wichtigsten Vertreter des „Neuen Bauens“ in Japan.  Beeinflusst von dem Franzosen Le Corbusier entwickelte Kenzō Tange in den 1960er Jahren eine eigene Architekturströmung, die er später Strukturalismus nannte. Zu den Hauptwerken des Pritzker-Preisträgers gehören neben dem Rathaus das Fuji TV-Gebäude und die St. Marien-Kathedrale in Tokyo.

Literatur:
/1/ https://de.wikipedia.org/wiki/Tokyo_Metropolitan_Government_Building
/2/ https://de.wikipedia.org/wiki/Kenzō_Tange
/3/ https://www.japandigest.de/moderne-kultur/design/tange-kenzo/
/4/ https://www.welt.de/print-welt/article257383/Japanische-Moderne-Architekt-Kenzo-Tange-90.html
/5/ https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_höchsten_Sakralgebäude
Die Webseiten wurden am 23.03.2021  abgerufen.

Der Gebäudekomplex steht in Tokyo im Stadtteil Nishi-Shinyuku unweit der Bahnstation Shinyuku. Die Adresse ist  2-8-1, Nishishinjuku, Shinjuku-ku, Tokyo 163-8001, Japan.

Download der Printversion: 151_Rathaus_Tokyo_K76-2021