Die thüringische Stadt Jena hat kaum einer auf dem Zettel, wenn es um Hochhäuser geht. Dabei haben die Bauten in der Stadt die Liste der höchsten Gebäude in Deutschland nicht nur einmal angeführt.

An Stolz und Selbstbewusstsein hat es der Stadt Jena noch nie gemangelt. Als beispielsweise Edmund Stoiber in seiner vielzitierten Rede von 2002 die Vorzüge der Münchner Transrapid-Strecke in die Mikrofone stotterte, war das ebenfalls gescheiterte Einschienenbahn-Projekt von Jena bereits 30 Jahre Vergangenheit /1/.

Jena war schon immer vorn dran, wenn es um Neues ging. Die 1558 gegründete Universität gehört zu den ältesten Hochschulen in Deutschland. Mit Jena und den Namen von Otto Schott, Ernst Abbe und Carl Zeiss sind die Erfindungen des hitzebeständigen und des optischen Glases verbunden. Mit den Firmen Zeiss und Schott wurde ein ganzer Industriezweig neu begründet. Das sollte natürlich repräsentativ dargestellt werden.

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Der zylindrische Bau des JenTowers überragt die feingliedrige, schmucke Jenaer Altstadt um ein Mehrfaches.

Jena liegt in einem Talkessel. Man musste schon hoch bauen, um gesehen zu werden. 1915 ging es los. Mitten im Krieg. Der Darmstädter Architekturprofessor Friedrich Pützer entwarf für die Zeiss-Werke einen gigantischen Produktionsbau in der damals neuen Stahlbeton-Skelettbauweise.

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Der Bau 15 war das erste freistehende Hochhaus in Deutschland, links davon steht der 66 Meter hohe Bau 59, dahinter lugt der heute JenTower genannte Turm hervor.

Gebaut wurde nur ein quaderförmiger Teil des auf über hundert Meter Länge geplanten zehnstöckigen Gebäudes. Das als Bau 15 benannte Gebäude auf dem Zeiss-Gelände gilt heute als das erste freistehende deutsche Hochhaus.

Das 1936 errichtete Ernst-Abbe-Hochhaus (Bau 36, Architekten: Hans Hertlein und Georg Steinmetz) und der 1959 errichtete Bau 59 der Zeiss-Werke  (Architekten Hans Schlag und Johannes Schreiter) mit jeweils über 66 Metern Höhe sind weitere Meilensteine der Hochhausgeschichte von Jena. Sie schafften es zwar beide nur unter die ersten Zehn der Liste der deutschen Hochhäuser, prägten aber jeweils das Erscheinungsbild der Stadt über viele Jahre.

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Das Gebäude B59 erhielt 1992/93 mit dem Glasausschnitt und der erneuerten Fassade ein modernes Aussehen. Dahinter scheint der JenTower mit dem Gebäude zu verschmelzen.

Richtig los ging es in den siebziger Jahren. „Überholen ohne Einzuholen“ war die Losung der DDR-Staatsführung. Teile der noch intakten Jenaer Altstadt wurden abgerissen. Der Architekt Herrmann Henselmann erhielt den Regierungsauftrag für ein Hochhaus für das Zeiss-Werk. Mit einer strukturellen Höhe von 144,5 Metern (ohne Antenne) war es 1972 das höchste Gebäude Deutschlands.

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Dominant überragt der JenTower die Altstadtgässchen.

Die zylindrische Form sollte ein Fernrohr symbolisieren. Das Gerücht über einen zweiten Turm, der mit einer Brücke verbunden das Fernglas komplettieren sollte, hielt sich lange. Gebaut wurde der zweite Turm nicht. Als der erste Turm 1972 fertiggestellt war, brauchte das Zeiss-Werk den Bau nicht mehr. Die Universität zog ein. Später nutzte die Softwarefirma Intershop das Gebäude, doch auch das ist inzwischen Geschichte.

Die Stadt Jena hat eine intakte schmucke Altstadt. Es würde da ganz beschaulich zugehen, wären da nicht die Hochhäuser.  1915 errichtet Friedrich Pützer das erste freistehende Stahlbetonhoch haus. 1972 war der damals noch Uni-Turm genannte Bau mit knapp 150 Metern das höchste Haus in Deutschland. Bis heute ist es das höchste Bürogebäude in Ostdeutschland.

Literatur:
/1/ http://www.wisoveg.de/rheinland/alweg/teil3/998-jena.htm
https://www.thueringer-allgemeine.de/leben/wie-jena-vor-50-jahren-die-hightech-einschienenbahn-plante-id225146923.html
/2/ https://de.wikipedia.org/wiki/Bau_15
/3/ https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Hochhäuser_in_Deutschland
/4/ https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_historischen_Hochhäuser_in_Deutschland
/5/ https://de.wikipedia.org/wiki/Bau_59
/6/ https://de.wikipedia.org/wiki/Jentower
Die Webseiten wurden am 27.12.2020  abgerufen.

Die Gebäude stehen zentral in der Innenstadt von Jena in Thüringen.

Download der Printversion: 145_Jena_Boomtown_K73-2020