1926 legte die Post in München wahrscheinlich den Grundstein für einen neuen Google-Standort. Und auch an die hippen Co-Working-Spaces von WeWork hatte man schon gedacht.

UFOs sind relativ selten, erst recht in München. Trotzdem drängt sich der Vergleich auf, wenn man sich in der ehemaligen Post-Zentrale in der Arnulfstraße in München umschaut. Da liegt das ehemalige Paketverteilerzentrum wie ein gestrandetes Raumschiff versteckt im Innenhof eines großen Gebäudekarrees. Direkt daneben, im ehemaligen Gebäude der Oberpostdirektion, erscheint das Treppenhaus wie der direkte Lift für Aliens in eine andere Welt. Mit Warp 4 in die Zukunft. Und die hat da schon angefangen. Das UFO, der große Rundbau, wird wohl Bestandteil des neuen Münchner Standorts von Google werden. Und der Alien-Aufgang führt direkt in die Büros für junge Unternehmen.

Zu Beginn der 1920er Jahre dachte natürlich noch niemand an Google, das Internet oder die moderne Kommunikation. Haupttransportmittel für die Post war die Eisenbahn. Es entstanden überall in der Nähe der Bahnhöfe Zentren der Post, so auch in München. Zunächst ließ sich die Oberpostdirektion wenige Schritte vom Hauptbahnhof ein neues Verwaltungsgebäude errichten. Der Architekt Robert Vorhoelzer, Leiter der bayerischen Postbauverwaltung, plante ein repräsentatives, modernes Gebäude mit einer zukunftsweisenden Gestaltung. Flexible Grundrisse waren damals ein Novum und zugleich die Vorsehung der heutigen Nutzung. Es wurde damals der größte Bürokomplex in München. Im Kontrast zu den zahlreichen, üppig dekorierten Stadtpalais in München plante Vorhoelzer schlicht und einfach. Lediglich wenige Art Deco-Zierelemente wurden an der damals hellgrau geputzten Fassade angebracht. Repräsentative Treppenaufgänge führten in die Büroetagen. 1924 war das Gebäude fertiggestellt.

Praktisch wurde es dann auf dem Grundstück dahinter. Als wenn es Amazon schon gegeben hätte, entstand in einem großen Gebäudekarree das Paketverteilzentrum. Prägend ist der Rundbau der Verteilerzentrale, an dessen zahlreichen Toren die Pakete bereits 1927 mit Elektrofahrzeugen abgeholt wurden. Der schlichte Zweckbau mit der oben aufgesetzten Glaskuppel suggeriert ein gerade gelandetes Raumschiff, das da fortwährend entladen wird.
Inzwischen ist die Post längst ausgezogen. Das Verwaltungsgebäude wurde renoviert und beherbergt heute als Art Deco-Palais eine Reihe von prominenten Mietern, unter anderem den innovativen Büroanbieter WeWork mit seinen Co-Working-Spaces. Der Rundbau ist noch in Renovierung und wird nach letzten Informationen der Kern des neuen Münchner Standorts von Google.
Der Münchner Architekt Robert Vorhoelzer (1884-1954) war in den 1920er Jahren Oberbaurat der bayerischen Postbauverwaltung und in dieser Funktion für nahezu alle Postneubauten in Bayern verantwortlich. Er verstand es, traditionelle Elemente mit den Formen des modernen Bauens zu verbinden. So wurde er zu einem der bedeutendsten Vertreter der Moderne in und um München.
Literatur:
/1/ https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/digitec/muenchen-google-baut-neue-zentrale-im-gekauften-postpalast-16460094.html
/2/ https://de.wikipedia.org/wiki/Arnulfstraße_62
/3/ https://www.sueddeutsche.de/muenchen/alte-post-in-der-arnulfstrasse-glaeserne-kronen-auf-dem-buero-palast-1.688805
/4/ http://www.architekten-portrait.de/robert_vorhoelzer/index.html
Die Webseiten wurden am 24.07.2020 abgerufen.
Die Gebäude stehen in München, Arnulfstr. 56-62.
Download der Printversion: 135_Arnulfpost-Muenchen_K68-2020-1