Als man in den Siebzigern die endlosen Plattenbausiedlungen als „Würfelhusten“ verschrien hat, dachte niemand daran, dass es noch extremer kommen könnte. Doch der Amerikaner Frank Gehry brachte den „Würfelhusten“ zur Hochkultur.
Wenn früher ein Elektriker ein Kabel nicht ganz im rechten Winkel verlegt hatte, dann sagte man: „amerikanisch“. Dabei hat der rechte Winkel in der Architektur aus vielen Gründen seine Berechtigung. An schräge Wände kann man nun mal keinen Schrank stellen. Doch nicht erst seit der Bauhauszeit gilt rechtwinklig als einfallslos. Barocker oder klassizistischer Fassadenschmuck ist aber auch nicht mehr zeitgemäß. Schon dem Bauhaus-Gründer Walter Gropius sagte man nach, dass seine weißen Kuben und Glasfassaden, seine Gebäude im Ganzen der Fassadenschmuck sind. Also warum nicht gleich schiefwinklig amerikanisch?

Doch es gibt auch technische und wirtschaftliche Gründe. Die Architektur des Bauhaus und der Jahrzehnte danach war von einer Art kostensenkenden Rationalismus geprägt. Einfach, schnell und preiswert. Das änderte sich im 21. Jahrhundert. Präsentation und Repräsentation spielten eine viel größere Rolle. Der Architekt wurde wieder opulenter Künstler und nicht nüchterner Minimalist.
Die Bautechnologie erlaubt heute große Variabilität. Das Stahl- oder Betontragwerk, die eigentliche Hauskonstruktion, versteckt sich im Inneren, die Fassade ist nur außen vorgehängte Dekoration. Und da geht eben fast alles. Der Baustil des Dekonstruktivismus war geboren und der amerikanische Architekt Frank Gehry ist einer der bedeutendsten Protagonisten.


Auf dem Gelände des Massachusetts Institute of Technology konnte Gehry 2004 eines seiner wichtigsten Bauten realisieren. Das Ray and Maria Stata-Center entstand auf dem bis dahin hauptsächlich historisch bebauten Gelände. Es ist ein Forschungsgebäude, enthält Büros und Labore sowie mehrere Vorlesungssäle und auch ein Fitnesscenter, einen Kindergarten und eine Kantine. Die Gebäudestruktur im Inneren ist eher schlicht und funktional, mit einer Anmutung des Provisorischen. Das soll die Kreativität fördern und Kommunikation und Begegnung ermöglichen.


Das Gebäude war von Anfang an umstritten. Zu radikal war der Einschnitt in die ehrwürdige Architektur auf dem Campus. Hinzu kamen zahlreiche Baumängel, die sogar zu einem millionenschweren Gerichtsprozess führten. Auf den Fluren wurde kolportiert: Das Einzige, was die Kommunikation fördert, ist die Suche nach Eimern, wenn es wieder mal durchs Dach regnet. Inzwischen sind die Mängel behoben und das Gebäude hat seinen Platz im MIT gefunden.
Frank O. Gehry (geb. 1929) ist einer der wichtigsten Architekten der Gegenwart. Mit dem von ihm wesentlich mitgeprägten Baustil des Dekonstruktivismus beeinflusste er wie kaum ein anderer die Architektur unserer Zeit. Spektakulär ist sein Museumsbau in Bilbao, mit dem ihm die Wandlung einer ganzen Region gelang.
In Deutschland ist er mit zahlreichen Bauten von Berlin über Düsseldorf bis Weil am Rhein vertreten.
Literatur:
/1/ https://de.wikipedia.org/wiki/Frank_Gehry
/2/ https://g-pulse.de/gehry-bauten
/3/ https://www.daskreativeuniversum.de/frank-gehry-bauwerke/
/4/ https://www.tagesspiegel.de/kultur/architekten-gehry-und-scharoun-der-kampf-mit-der-schuhschachtel/23633550.html
/5/ https://www.tagesspiegel.de/kultur/frank-gehry-zum-90-als-die-formen-schweben-lernten/24046728.html
/6/ https://en.wikipedia.org/wiki/Ray_and_Maria_Stata_Center
Die Webseiten wurden am 11.05.2020 abgerufen.
Die Gebäudeadresse ist 32 Vassar Street, Cambridge, Massachusetts, USA.
Download der Printversion: 131_Stata_Center_Boston_K66-2020