Als 1995 für das geschichtsträchtige I.G. Farben-Haus eine neue Verwendung gesucht wurde, setzte sich die Idee von Uni-Präsident Meißner durch und der Bau des Architekten Hans Poelzig wurde zum Aushängeschild der Frankfurter Universität.
Das Grüneburg-Gelände nördlich des Stadtzentrums von Frankfurt am Main hatte schon eine bewegte Vorgeschichte, als 1928 das Gebäude der ehemaligen Irrenanstalt abgerissen wurde. Das weitläufige Parkgelände gehörte der Bankiers-Familie Rothschild. Als neuer Nutzer meldete sich die I.G. Farben AG, ein gerade nach dem Vorbild amerikanischer Aktiengesellschaften gegründeter Verbund der größten deutschen Chemie-Unternehmen. Der 1925 gebildete Verbund war damals das viertgrößte Unternehmen der Welt und suchte nach einem zentralen und repräsentativen Sitz der bisher überganz Deutschland zersplitterten Verwaltung. Hochhäuser nach amerikanischem Vorbild waren in Frankfurt noch nicht opportun und mit den Bauhaus-Architekten wollten sich die Bauherren auch nicht anfreunden. Schließlich gewann der Berliner Architekt Hans Poelzig die Ausschreibung für das Mammut-Projekt. Poelzig entwarf einen 250 Meter langen, von sechs Querriegeln unterbrochenen Bau, der sich auf dem Hügel in einem langen Bogen erhaben zur Stadt hin orientierte. Einen verstärkten Hochhauseindruck erreichte er durch eine nach oben geringer werdende Geschoßhöhe.
1928 war Baubeginn. Modernste Stahlskelettbauweise, eine klare und einfache Gebäudegliederung und eine helle Fassadenverkleidung aus Cannstatter Travertin gaben dem Gebäude damals ein modernes Flair. Der Bau war seit der Eröffnung 1931 bis weit in die fünfziger Jahre das größte Bürogebäude Europas.

Doch der Größenwahn im Gebäude nahm schnell überhand. Die Leitung der I.G. Farben kooperierte in der Folge eng mit dem Nazi-Regime. Mit Kriegsbeginn wurde die Produktion auf Kriegsbedarf umgestellt. Die I.G. Farben beschäftigte im großen Stil Zwangsarbeiter und errichtete in Kooperation mit der SS sogar ein eigenes Konzentrationslager. Der Tod tausender Häftlinge wurde billigend in Kauf genommen. Selbst die Verwendung des Auschwitz-Gases Zyklon B wurde aus dem Gebäude heraus koordiniert.
Heute erinnert eine Gedenkstätte an die Verbrechen dieser Zeit. Sie ist nach dem ehemaligen Zwangsarbeiter Norbert Wollheim benannt.
Mit Kriegsende übernahmen amerikanische Truppen das Gebäude. Es wurde bis Juli 1945 Hauptquartier der alliierten Truppen unter General Eisenhower und im Anschluss daran US-Hauptquartier für Europa. 1948 wurde hier die Einführung der D-Mark verkündet und die elf westdeutschen Ministerpräsidenten erhielten den Auftrag, das Grundgesetz zu erarbeiten. Ab 1952 war in dem Bau die Europa-Zentrale der US-Streitkräfte sowie der CIA untergebracht. Das Gebäude war von 1972 bis 82 dreimal das Ziel von Anschlägen der Terrororganisation RAF.
Nach der deutschen Wiedervereinigung kam es 1995 zum Abzug der US-Truppen. Das Gebäude wurde geräumt.

Die anfangs als „Schnapsidee“ verlachte Konzeption, das geschichtsbelastete Gebäude als Kern für den „modernsten Uni-Campus Deutschlands“ zu nutzen, setzte sich durch. 2001 begann der Vorlesungsbetrieb in den restaurierten Gebäuden. Inzwischen ist mit weiteren Bauten die „Schnapsidee“ Wirklichkeit geworden.



Hans Poelzig (1869 -1936) war ein deutscher Architekt. Er wirkte vor allem in Berlin, im ehemaligen Breslau und in Dresden. 1919 wurde er Vorsitzender des Deutschen Werkbundes in Darmstadt und prägte hier den Stil der „Neuen Sachlichkeit“. Er ließ sich nicht vom Bauhaus vereinnahmen und suchte seine Inspirationen bei LeCorbusier und im Expressionismus. Der Bau des I.G. Farben-Hauses in Frankfurt ist eines seiner bedeutendsten Werke.
Literatur:
/1/ https://de.wikipedia.org/wiki/I._G.-Farben-Haus
/2/ https://www.uni-frankfurt.de/66990103/ig-farben
/3/ http://www.frankfurt-lese.de/index.php?article_id=281
/4/ https://www.welt.de/kultur/article1946720/Hans-Poelzig-Kann-Architektur-boese-sein.html
/5/ https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/universitaet-frankfurter-beerben-ig-farben-umzug-in-den-poelzig-bau-122912.html
/6/ https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Poelzig
Die Webseiten wurden am 21.01.2019 abgerufen.
Das Gebäude steht in Frankfurt am Main, Norbert-Wollheim-Platz 1.
Download der Printversion: 99_poelzig-bau-frankfurt_k50-2019