Während andere Universitäten auf ihre jahrhundertelange Tradition zurückblicken und ihre historischen Gebäude herausstellen, hat das Schweizer Architekturbüro Herzog & de Meuron für den neuen Solitär in Cottbus nur Vorderseiten vorgesehen.
Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden auch im Osten Deutschlands die Universitäten Ländersache. Das Land Brandenburg hatte damit 1991 plötzlich ein Problem. Die etablierten Universitäten befanden sich allesamt in Sachsen, Berlin und den anderen Nachbarländern. Neugründungen mussten her. Was lag näher, als der kleinen Ingenieurhochschule für Bauwesen in Cottbus ein Upgrade zu verpassen und sie zur Technischen Universität auszubauen. Immerhin gab es schon eine geeignete Campusfläche im Norden der Cottbuser Altstadt. Studienrichtungen wie Energietechnik und Umweltschutz waren in der DNA der Bildungsstätte auch bereits angelegt. Der Campus wurde modernisiert und ein zentrales Hörsaalgebäude mit Audimax und sowie Fakultätsgebäude kamen hinzu.
Aber was ist eine Universität, in der Architektur und Bauwesen gelehrt wird, ohne einen architektonischen Ankerpunkt? Nachdem die Schweizer Architekten Jaques Herzog und Pierre de Meuron bei den Ausschreibungen für den Campus Anfang der neunziger Jahre noch nicht zum Zuge kamen, erhielten sie 1998 den Auftrag zur Entwurfsplanung der neuen Universitätsbibliothek. Sie legten einen Entwurf vor, der den weitreichenden Ansprüchen gerecht wurde: Ein Wahrzeichen und zugleich ein verbindendes Element. Das Gebäude mit einem amöbenförmig geschwungenen, dreiseitigen Grundriss hat keine Ecken und Kanten. Drei fast gleichartige Fassaden richten sich aus zur Stadt, zur Universität und zum Umland und stellen so eine symbolische Verbindung der drei Interessensgruppen her. Es gibt keine Rückseite zur Stadt und auch nicht zum Umland. Man schaut immer nach vorn.
Die Form des Gebäudes verzichtet architektonisch auch auf alle Anklänge an ein Bücherregal. Es gibt keine sichtbare Etagengliederung mit rechteckigen, regalartigen Fensterfronten. Damit gelingt den Architekten ein weiterer Coup. Das Gebäude ist ein Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum. Hauptschwerpunkt bilden Computerarbeitsplätze, Videokonferenz- und Multimediaräume und ein Rechenzentrum. Natürlich gibt es auch Bücherregale und die gedruckte Information bildet immer noch den Schwerpunkt der Bestände.


Doch die Zeiten ändern sich und der Anteil elektronischer und multimedialer Information nimmt zu. Das drückt sich dann auch in der Fassadengestaltung aus. Die vorgehängte doppelwandige Glasfassade schafft nicht nur gedämpftes Licht an den Arbeitsplätzen im Innenraum, sie ist auch bedruckt mit symbolisierten Buchstaben aus allen Weltsprachen – jenen elementaren Bausteinen, die sowohl gedruckte als auch elektronische Informationen lesbar machen.
2003 wurde die Bibliothek in Betrieb genommen und 2006 als Bibliothek des Jahres ausgezeichnet.
Die Schweizer Jaques Herzog und Pierre de Meuron gehören mit ihrem 1978 gegründeten Büro zu den erfolgreichsten Architekten weltweit. Zahlreiche repräsentative und spektakuläre Bauten tragen ihre Handschrift. Die Allianz-Arena in München, das Olympia-Stadion in Peking und auch die Elbphilharmonie in Hamburg gehören zu ihren Meisterwerken. Mit dem Medienzentrum in Cottbus gelang ihnen ein Blick in die Zukunft der digitalen Information.
Literatur:
/1/ https://www.lr-online.de/lausitz/cottbus/medienzentrum-der-btu-ist-bibliothek-des-jahres_aid-3696043
/2/ https://www.lr-online.de/nachrichten/neue-cottbuser-uni-bibliothek-ist-architektonisches-meisterwerk_aid-2837396
/3/ https://www.tagesspiegel.de/wissen/bibliotheken-im-21-jahrhundert-superdome-des-wissens/6656780.html
/4/ https://www.herzogdemeuron.com/index/projects/complete-works/151-175/166-cottbus-library.html
/5/ https://de.wikipedia.org/wiki/Brandenburgische_Technische_Universität_Cottbus
Die Webseiten wurden am 14.11.2018 abgerufen.
Die Gebäude des Informations-, Kommunikations- und Medienzentrums der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (http://www.b-tu.de) steht in Cottbus, Karl-Marx-Str 53.
Ein herzlicher Dank an die Pressestelle der BTU für die Fotoerlaubnis und die zügige Freigabe des Manuskriptes.
Die Printversion zum Download: 93_Medienzentrum_Cottbus_K47-2018