Mit dem Kunsthaus in Bregenz schuf der Schweizer Peter Zumthor einen architektonisch herausragenden Museumsbau und ein programmatisches Beispiel für funktionalen wie ästhetischen Minimalismus.

Man möchte den Schweizer Architekten Peter Zumthor als programmatischen Architekturtheoretiker bezeichnen, auch oder gerade weil er seine abstrakten Vorstellungen häufig und erfolgreich umsetzen konnte. Er gilt als eigensinniger Perfektionist. Seine vielfach preisgekrönten Bauten zeigen oft erst im Nachhinein ihre herausragende Qualität. Sein erklärtes Ziel ist es, Atmosphären zu schaffen; Atmosphären, die die Bestimmung in den Mittelpunkt rücken. Das Gebäude soll zum zurückhaltenden und unterstützenden Rahmen für die gewünschte Funktion werden.

Beim Bau des Kunsthauses in Bregenz konnte er die Tragfähigkeit seiner Konzeptionen unter Beweis stellen, denn das Haus am Bodensee ist ausschließlich für Wechselausstellungen konzipiert.
Peter Zumthor setzte für den Bau auf die Ästhetik des „Leeren Raums“. Nichts soll von der Kunst ablenken, kein strahlendes Weiß der Wände, kein Edelholzfußboden und keine Einbauten und auch kein anderer Zierrat, nur schlichtes Betongrau und Tageslicht. Tageslicht in einem mehrstöckigen, fast fensterlosen Gebäude aus Glas? Das sind gleich mehrere Widersprüche in sich. Seit Mies van der Rohes Museumsbau der Neuen Nationalgalerie in Berlin, der rundumverglast ist, gilt Tageslicht im Museum als verpönt. Das Licht wirft Schatten und ist unkontrollierbar. Die Fenster schränken die so dringend benötigte Hängefläche an den Wänden ein. Ohne Fenster und nur mit Kunstlicht stellt sich in einem Bau aus Sichtbeton schnell das Gefühl von einem Hochsicherheitsbunker ein. In Bregenz sollte es anders werden. Zumthor stellt für das Gebäude nur drei über alle Geschosse reichende Wandflächen auf. An diese flanscht er außen die Treppen und Aufzüge an. Die drei Ausstellungsgeschosse hängt er als offene Kästen zwischen diese Wandscheiben. Fugenloser Sichtbeton und grauer Fußboden, sonst nichts.
Außen macht er mit vorgehängten Milchglasscheiben einen einfachen Kubus aus dem Gebäude. Die Fassade nimmt die blaugrauen Farben des nahen Bodensees auf und korrespondiert je nach Sonnenstand mit den Türmen der Altstadt. Doch die Scheiben haben es in sich. Sie sammeln das Licht an der Außenfassade ein und leiten es in die zwischen den Ausstellungsetagen eingefügten Zwischengeschosse. Dort wird das Licht gesteuert auf die Glasdecke der Ausstellungsräume geleitet. Bei Dunkelheit wird über den gleichen Weg mit Lampen nachgeholfen. Es entsteht ein gleichmäßiges, nahezu schattenfreies Licht über alle Etagen, das die Kunst perfekt in Szene setzt. Selbst der umstrittene Sichtbeton konvertiert zu einem angenehmen Rahmen für die Ausstellungen.
Der Schweizer Architekt Peter Zumthor (geb. 1943 in Basel) passt sich nicht den allgemeinen Trends an. Er denkt bei seinen Gebäuden vom Material her und will Atmosphären schaffen, die die Funktion des Gebäudes unterstützen. Seine Gebäude sind einfach und konstruktiv transparent. Mit dem 1997 fertiggestellten Bau des Kunsthauses in Bregenz setzte er diese Konzeption in einzigartiger Weise um.
Literatur:
/1/ https://de.wikipedia.org/wiki/Kunsthaus_Bregenz
/2/ http://www-brs.ub.ruhr-uni-bochum.de/netahtml/HSS/Diss/ParkSoYoung/diss.pdf
/3/ http://www.kunsthaus-bregenz.at/ueber-uns/architektur/
/4/ https://www.espazium.ch/jenseits-des-zeichenbretts
/5/ https://www.nzz.ch/raeume_aus_licht-1.564811
/6/ Peter Zumthor, Atmosphären, Architektonische Umgebungen – Die Dinge um mich herum, Birkhäuser, Basel-Boston-Berlin, 2006
Die Webseiten wurden am 23.09.2018 abgerufen.
Das Gebäude steht in Bregenz, Österreich am Karl-Tizian-Platz.
Die Printversion zum Download: 87_Kunsthaus_Bregenz_K44-2018