Zweckmäßig und schön – das war der Anspruch, mit dem der Architekt Otto Wagner vor 120 Jahren die Wiener Stadtbahn plante. In Hietzing vor Schloss Schönbrunn hat er sogar für den Kaiser einen extra Einstiegspavillon vorgesehen.

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Wien, Stadtbahn, Kaiserpavillion in Hietzing

Als die Stadtbahnlinien in London und Berlin gebaut wurden, waren das vor allem ingenieurtechnische Meisterleistungen. In Wien dachte man weiter und beauftragte im Jahr 1894 den Architekten neben der Bauplanung auch mit der gesamtkünstlerischen Ausgestaltung der Anlagen der neuen Bahn. Den Auftrag erhielt Otto Wagner. Man erwartete von ihm eine harmonische Einbindung des neuen Verkehrsmittels in die Struktur der sich gerade modernisierenden Stadt und zugleich aber auch die Erfüllung der  repräsentativen Ansprüche der k. u. k. Monarchie in Wien.

Otto Wagner nahm den Auftrag in seiner Gänze an. Er gestaltete nicht nur die Gebäude und Brücken der neuen Bahn, auch die Geländer, Fußbodenbeläge, Lampen und Fahrkartenschalter wurden in einheitlichem Stil gestaltet. Bei diesem Bahnprojekt wandte sich Otto Wagner vom Historismus der damaligen Zeit ab. 1896 forderte er in seinem Buch „Moderne Architektur“, dass sich die Baukunst am modernen Leben orientieren soll und nicht in die Vergangenheit zurückblicken darf.

Die Zweckbauten der Bahnhofsgebäude machten nicht nur tragende Eisenteile als Fassadenelement salonfähig, sie zeigten auch, dass Architektur ohne historische Rückgriffe auskommen kann. Mit der überbordenden Dekoration im damals aufkommenden Jugendstil schuf Otto Wagner eine eigene Ästhetik, die sich in die Stadt einfügte und bis heute Bestand hat. Neben dem Pavillon in Hietzing sind insbesondere die Stationen Karlsplatz und Stadtpark beachtenswert.

Während die Station Stadtpark heute noch von tausenden Reisenden frequentiert wird, werden die beiden Gebäude am Karlsplatz als Café und Museum genutzt. Aber auch im gesamten Streckenverlauf finden sich an den Brückenbögen und Geländern, an den Lampen und an der Innenausstattung  zahlreiche gestalterische Details, die die Zeit überdauert haben.

Mit dem Bau der Wiener Stadtbahn brach der österreichische Architekt Otto Wagner (1841–1918) konsequent mit den klassizistischen und historisierenden Tendenzen in der damaligen Baukunst. Seine Bauten waren einfach und funktional.  Er nutzte den aufkommenden Jugendstil für eine üppige Dekoration. Mit den bis 1901 fertiggestellten Bauten der Stadtbahn und den heute noch vielbeachteten Mietshäusern an der Wienzeile gilt Wagner als der Begründer der Moderne in der Architektur.

Literatur:
/1/ https://de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Stadtbahn
/2/ https://de.wikipedia.org/wiki/U-Bahn-Station_Karlsplatz
/3/ https://www.wienmuseum.at/de/standorte/otto-wagner-hofpavillon-hietzing.html
/4/ https://www.wien.gv.at/wiki/index.php/Stadtbahn
/5/ https://www.welt.de/reise/staedtereisen/article172377676/Architektur-in-Wien-Otto-Wagner-Wegbereiter-der-Moderne.html
/6/ https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Wagner
Die Webseiten wurden am 27.04.2018 abgerufen.

Die Gebäude stehen  in Wien an den U-Bahnstationen Hietzing, Karlsplatz und Stadtpark.

Download der Printversion als PDF: 75_Wiener_Stadtbahn_K38-2018