Vielleicht ist es eines der wichtigsten Wohnbauten der Bauhaus-Geschichte. Das Haus Auerbach in Jena ist das erste Privathaus, in dem Walter Gropius sein modulares Baukasten-Konzept verwirklichen konnte.

Auf einfache Rechtecke oder auf kubische Formen reduziertes Design ist heute allgegenwärtig. Seit der Bauhäusler Max Bill solche einfachen Prinzipien bei seinen Möbelentwürfen einsetzte und Dieter Rams mit den reduzierten Formen das Design von elektrischen Geräten revolutionierte, fällt es heute schon nicht mehr auf, dass auch die Mobiltelefone von Apple diesem einfachen Prinzip folgen. In der Architektur der frühen 1920er Jahre war es jedoch eine Revolution.
Der Bauhausdirektor Walter Gropius stellte 1923 auf der „Internationalen Bauausstellung“ in Weimar sein Baukastensystem für Wohngebäude vor. Er beabsichtigte vor allem, die Erstellung der Gebäude durch standardisierte Bauteile zu vereinfachen. Die Form der Gebäude wurde Ergebnis dieser Anstrengungen, getreu dem Motto: „Form follows function“. Das Fehlen von kleinflächigen Fassadenverzierungen und Ornamenten wurde auch aus diesem Grund ein Prinzip der Bauhauslehre. Um dann doch ein gefälliges Aussehen zu erreichen, musste viel mehr Aufwand in die Formensprache selbst investiert werden.
Felix Auerbach, bereits seit 1889 Professor für theoretische Physik an der Jenaer Universität und angesehener Kunstmäzen der Stadt, und seine Frau Anna beauftragten Walter Gropius 1924 mit dem Entwurf einer modernen Villa. Bei diesem Auftrag setzte Gropius zusammen mit Adolf Meyer zum ersten Mal dieses Baukastensystem um. Die Auftraggeberin Anna Auerbach, eine begeisterte Fotografin, wirkte bei der Gestaltung des Hauses entscheidend mit.
Bei dem Bau in Jena setzte Walter Gropius auf das Verhältnis 2:3. Das Haus besteht aus zwei ineinander geschobenen kubischen Körpern, die in Höhe und Breite diesem einfachen Verhältnis entsprechen. Auch die Fensterzahl folgt dieser Gliederung. So wirkt das Gebäude nicht durch die Dekoration, sondern durch die Form selbst. Die beiden Gebäudeteile beherbergen die Wohn- und Schlafräume im niedrigeren Teil auf der Gartenseite und die Funktionsräume, wie Küche, Bad und Treppenhaus auf der Straßenseite. Es entstand ein selbstbewusstes, kubisches Gebäude in einem traditionell geprägten Villenviertel in Jena.
Für die damalige Zeit war es ein Schock. Aber auch ein seit 1914 existierendes „Ortsstatut über den Schutz gegen die Verunstaltung des Stadtbildes“ /7/ konnte dieses und ein weiteres Bauhausgebäude nicht verhindern.

Nach langem Leerstand konnte 1994 ein aus Tübingen nach Jena gekommenes Wissenschaftlerpaar das Haus erwerben. Mit viel Eigeninitiative und in akribischer Detailarbeit verhalfen sie dem inzwischen denkmalgeschützten Gebäude zu wiedererlangter Schönheit. Besonderes Augenmerk richteten sie auf die Wiederherstellung der originalen Farbgestaltung im Inneren, die von Bauhausmeister Alfred Arndt entworfen wurde. In seinem Konzept wählte er überwiegend helle Pastellfarben und berücksichtigte dabei auch die spezifische Nutzung der Räume. Es gab lange Zeit Zweifel, ob der Farbentwurf in dem Haus damals überhaupt umgesetzt wurde. Erst die sorgfältige Detailsuche der heutigen Bewohner legte während der Restaurierung die Originalfarben frei. Zusammen mit dem Farbenhersteller Keim konnte die ursprüngliche Farbgebung wieder hergestellt werden.
Der Gründungsvater des Bauhauses Walter Gropius (1883-1969) hat nur sechs private Wohnhäuser in Deutschland realisiert. Das gemeinsam mit Adolf Meyer geplante Wohnhaus baute er für den Jenaer Physikprofessor Felix Auerbach und seine Frau Anna. Die Farbgestaltung im Inneren des Hauses entwarf der Bauhausmeister Alfred Arndt. Nach langem Leerstand war es die Initiative eines aus Tübingen nach Jena gezogenen Wissenschaftlerpaares, die das Haus seit 1995 in alter Schönheit neu erstrahlen ließ.
Literatur:
/1/ http://www.thueringer-allgemeine.de/web/zgt/kultur/detail/-/specific/Bauhaus-Villa-im-Jenaer-Westviertel-gerettet-1112703634
/2/ https://www.denkmalschutz.de/denkmal/Haus-Auerbach.html
/3/ https://www.welt.de/welt_print/article4158726/Nur-etwas-fuer-Freaks-Wohnen-mit-Gropius.html
/4/ https://www.denkmalschutz.de/denkmal/Haus-Auerbach.html
/5/ B. Happe, M.S. Fischer, Haus Auerbach von Walter Gropius mit Adolf Meyer. Wasmuth-Verlag, Tübingen 2003
/6/ Walter Gropius und Alfred Arndt: Villa Auerbach in Jena, in erhalten&gestalten, Nr. 6, Hrsg. KeimFarben GmbH & Co. KG
/7/ http://www.jembo.de/500-jahre1
Die Webseiten wurden am 01.02.2018 abgerufen.
Das Gebäude steht in Jena, Schaefferstraße 9.
Ein herzlicher Dank geht an Frau Dr. Barbara Happe für die freundliche Genehmigung, auf dem Gelände und im Haus fotografieren zu dürfen.
Download des Textes als PDF: 69_Haus_Auerbach_Jena_K35-2018
Große Klasse!
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Meine Herren… das ist schon etwas Besonderes, aber ich wüsste nicht, ob ich darin wohnen wollen würde…
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Hello mate greaat blog post
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Thank you
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