Das Haus Am Horn in Weimar war das erste realisierte Musterwohnhaus der Bauhausschule nach deren Gründung 1919.  Mit diesem Haus begann die Suche nach der optimalen und sozial gerechten Wohnung.

Eine großbürgerliche Gründerzeitvilla hatte 3 bis 4 Meter hohe Wohnhallen und einen separaten Zugang für das Personal. Dagegen hatten die einfachen Wohnungen der Stadthäuser um 1900 häufig nur eineinhalb Zimmer, kleine Fenster und die Toilette eine halbe Treppe tiefer. Für die gerade gegründete Bauhaushochschule in Weimar lag es deshalb nahe, sich mit der Frage nach der optimalen Wohnung für den Massenbedarf zu beschäftigen.  Eine Musterhaussiedlung auf dem  Hügel  „Am Horn“ am Stadtrand von Weimar sollte diese Gedanken sichtbar machen und gleichzeitig für die Bauhaus-Mitarbeiter dringend benötigten Wohnraum schaffen. Anlass für den Bau war die erste Bauhaus-Ausstellung 1923, mit der die Tragfähigkeit der Ideen des neugegründeten Bauhauses demonstriert werden sollte. Die Priorität lag auf niedrigen Baukosten, schneller Fertigstellung durch vorgefertigte Bauteile und dem Aufbau einer Art Baukasten zur rationellen Herstellung von weiteren Gebäuden. Für das Musterhaus anlässlich der Ausstellung 1923 setzte sich der jüngste der Bauhaus-Meister Georg Muche mit seinem Konzept durch. Ausgeführt wurde der Bau durch das Büro von Walter Gropius unter Bauleitung von Adolf Meyer. An der Ausgestaltung des Hauses beteiligten sich alle Werkstätten des Bauhauses zusammen. Die Entwürfe reichten vom Farbkonzept über Einrichtungsgegenstände und Möbel bis hin zu Keramik-Gefäßserien für die Küche.

Die Bauzeit betrug insgesamt nur vier Monate. Obwohl der Bau nur als Musterhaus für die Ausstellung konzipiert wurde, war das Haus als Wohngebäude voll funktionsfähig.

Es sollte das erste und einzige in Weimar realisierte Gebäude des Bauhauses bleiben. Die großangelegten Siedlungen nach den Ideen des Bauhauses entstanden erst einige Jahre später nach dem Umzug der Bauhausschule in Dessau und beispielsweise auch in Stuttgart und Karlsruhe.

Dem Entwurf von Georg Muche ging eine lange Diskussion um eine großzügige Planung für eine Bauhaus-Siedlung auf dem Hügel „Am Horn“ voraus. Hier, direkt oberhalb von Goethes Gartenhaus, sollte die Wohnstadt für die Bauhäussler entstehen. Das Musterhaus sollte dafür der Anfang sein.

Haus Am Horn in Jena
Viele gestalterische Elemente des Hauses „Am Horn“ finden sich in Entwürfen vor allem in den 1950er und sechziger Jahren wieder. Insbesondere die klare Fassadengliederung, die Fensterformen und die schnörkellose Einfachheit wurden programmatisch für die Wohnbauten der späteren Zeit.

Georg Muche plante einen Flachbau mit einem fast quadratischen Grundriss. Um einen großen zentrale Wohnraum gruppierten sich baukastenartig die weiteren Räume. Es gab neben Küche, Bad und einem kleinen Esszimmer noch drei weitere Zimmer, eine Arbeitsnische und einen Gästeraum. Alle Zimmer waren über das zentrale Wohnzimmer zu erreichen. Um das Wohnzimmer zu belichten, wurde ein Dachaufsatz vorgesehen, der den Raum erhöht und in südlicher und westlicher Richtung Fenster hat. Von außen entsteht dadurch der Eindruck eines zweistöckigen Baus.

Durch die Anordnung der Räume um das zentrale Wohnzimmer weist der Bau eine hohe Flexibilität auf. In der praktischen Nutzung erwies sich der ausschließliche Zugang über das Wohnzimmer jedoch als Nachteil. Zahlreiche Umbauten waren die Folge.

Zur Eröffnung 1923 fand das Gebäude starke Beachtung, von Begeisterung bis zur offenen Ablehnung. Nach dem Wegzug des Bauhauses aus Weimar wechselten die Besitzer und der Bau rückte aus dem öffentlichen Fokus. 1998/99 wurde das Haus denkmalgerecht saniert und wird seither für Ausstellungen genutzt.

Nach dem ersten Weltkrieg herrschte in ganz Deutschland Wohnungsmangel. Da auch  zahlungskräftige Investoren fehlten, mussten vor allem die schnell wachsenden Industriestädte selbst als Bauherren auftreten. Da passten die Ideen des industriellen Bauens aus vorgefertigten  Teilen und  die Standardisierung von Grundrissen gut in die Zeit. Auch die sozialen Ideen der Bauhausschule mit gewissen Mindeststandards an Größe und Ausstattung der Wohnungen fanden großen Anklang.

Literatur:
/1/ https://de.wikipedia.org/wiki/Musterhaus_Am_Horn
/2/ https://www.uni-weimar.de/de/universitaet/profil/unesco-weltkulturerbe/haus-am-horn
/3/ http://www.faz.net/aktuell/stil/drinnen-draussen/ein-haus-aus-1923-erstrahlt-in-neuem-glanz-14375368.html
/4/ Bauhaus-Archiv (Hrsg.),  Bauhaus Reisebuch, Weimar, Dessau, Berlin, Dumont Verlag Köln,  2012, S. 46ff
/5/ Magdalena Droste, Bauhaus, Taschen, Köln 2015, S. 40 ff
Die Webseiten wurden am 28.07.2017 abgerufen.

Das Haus steht in Weimar,  Am Horn 61 und ist im Rahmen von Ausstellungen geöffnet.