Der markante Bau des Ludwig-Georgs-Gymnasiums in der Darmstädter Innenstadt entstand 1952 bis 1955 als eines der fünf realisierten Darmstädter Meisterbauten. Die „Kunst am Bau“ war kurz darauf Gegenstand eines handfesten Kulturstreits.

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Der ausgedehnte Gebäudekomplex des Ludwig-Georgs-Gymnasiums in der Innenstadt von Darmstadt wird kaum wahrgenommen. Dabei hat das im Bauhausstil errichtete Gebäude zahlreiche sehenswerte Details.

In der Stadt des Jugendstils und der Literatur sollte man für moderne Kunst auf ein aufgeschlossenes Publikum treffen. Aber es kam anders.

Die Stadt Darmstadt rief 1951 im Ergebnis der Darmstädter Gespräche bekannte Architekten auf, Entwürfe für Bauten zum Wiederaufbau der im Krieg stark zerstörten Stadt einzureichen. 11 konkrete Planungsaufträge wurden erteilt. Der Berliner Architekt Max Taut war mit seinem Plan für ein humanistisches Gymnasium im Stil des Bauhauses unter den fünf ausgewählten Entwürfen, die in der Folge im Rahmen des begrenzten Budgets realisiert werden konnten.

Von 1952 bis 1955 entstand in Zentrumsnähe an der Niederramstädter Straße der Gebäudekomplex mit zwei mehrstöckigen Lehrgebäuden, einer Sporthalle, einem überdachten Pausenhof und weiteren Nebengebäuden. Der Entwurf sah für einen Teil der Klassenräume eine Kombination aus einem geschlossenen Schulraum und einer Loggia als Freiluftklassensaal vor.

Auch das Konzept mit einem großen, teilweise überdachten Pausenhof und einem Kiosk war für die Zeit sehr fortschrittlich. Doch bereits während der Bauphase wurde geändert und umgeplant. Auch nach der Fertigstellung reichten die verfügbaren Plätze nicht aus. Letztendlich wurde das offene Raumkonzept aufgegeben und
die Freiluftklassenräume noch zu separaten Unterrichtsräumen umgebaut.

1955 konnte das traditionsreiche Ludwig-Georgs-Gymnasium die Räume beziehen und die über die Stadt verteilten Provisorien zumindest eine Zeit lang aufgeben.

Das altsprachliche Ludwig-Georgs-Gymnasium kann in Darmstadt auf eine lange Geschichte zurückblicken. Die Wurzeln reichen bis auf das Jahr 1627 zurück. Die Schule war ursprünglich im alten „Pädagog“ beheimatet. Das schlossartige Renaissance-Gebäude befindet sich unweit des Schulgeländes wird heute noch für spezielle Kurse genutzt.

Umso mehr verwundert, dass nach dem Umzug in den Bau von Max Taut 1955 nicht das Bauhausgebäude selbst mit dem industriellen Flair der Stein des Anstoßes für eine öffentliche Diskussion war, sondern die gerade in Mode gekommene „Kunst am Bau“. Insbesondere die beiden Skulpturen „Figuren in Beziehung“ von Bernhard Heiliger führten zu dem 1955 die Kunstwelt weit über die Stadtgrenzen hinaus erschütternden „Darmstädter Kulturstreit“. Die beiden an sich unverfänglichen, abstrahierten Figuren, die sich in einer Diskussion zu befinden scheinen, wurden als „Nackte Neger“/4/ verunglimpft und als zu abstrakt abgelehnt. Auf Beschluss der Stadt-verwaltung sollten die Figuren entfernt werden. Erst eine „Mahnung zur Vernunft“ von 45 Darmstädter Persönlichkeiten und die Unterstützung von Kunststudenten und Verbänden konnten die Umsetzung der Skulpturen verhindern und die Kunstausstattung der Schule erhalten. So findet sich heute im Foyer ein für diese Zeit typisches Mosaik von Helmut Lander und die Skulptur „Großer Sitzender“ von Helmut Brinkmann. Und die strittigen Figuren von Berhard Heiliger stehen meist unbeachtet am alten Platz vor der Sporthalle.

Im Wettbewerb um die Darmstädter Meisterbauten, mit denen die Stadtverwaltung nach den schweren Zerstörungen im zweiten Weltkrieg das öffentliche Leben in der Stadt schnell wieder aufbauen wollte, konnte sich der Berliner Architekt Max Taut mit einem Entwurf für ein humanistisches Gymnasium im späten Bauhausstil durchsetzen. Auch wenn der Entwurf nur mit Veränderungen und nachfolgenden Umbauten realisiert wurde, ist das Gelände ein eindrucksvolles Zeugnis der Architektur der fünfziger Jahre.

Literatur:
/1/ https://de.wikipedia.org/wiki/Darmstädter_Meisterbauten
/2/ https://www.darmstadt.de/darmstadt-erleben/kultur/denkmalschutz/denkmal-flyer/
/3/ M. Bender, R. May,  Architektur der fünfziger Jahre – Die Darmstädter Meisterbauten, Karl-Krämer-Verlag Stuttgart, 1998
/4/ http://www.darmstadt-stadtlexikon.de/d/darmstaedter-kunststreit/
/5/ http://www.dein-rhein-main.de/staedte/darmstadt/themen/tourismus/sehenswuerdigkeiten/beruehmte-bauwerke/darmstaedter-meisterbauten.html
/6/ http://www.darmstadt-stadtlexikon.de/m/meisterbauten/

Die Webseiten wurden am 03.11.2016  abgerufen.

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