In Weil am Rhein haben die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron im Auftrag des Vitra-Designmuseums ein Ausstellungsgebäude gebaut, dass wegen seiner schlichten Architektur einen neuen Trend begründen kann.

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Das Schaudepot-Gebäude auf dem Vitra-Gelände in Weil am Rhein ist ein schlichtes, fensterloses Haus mit Satteldach. Durch die Ziegelverkleidung erweckt es historische Assoziationen und erinnert an eine urtypische einfache Scheune.

Zur Eröffnung war die Baseler Prominenz kurz über die Grenze nach Weil am Rhein gekommen. Der Schweizer Unternehmer Rolf Fehlbaum wollte auf dem Gelände seiner Firma Vitra ein neues Gebäude vorstellen. Vitra stellt Designer-Möbel her. Für die umfangreiche Stuhl-Sammlung, immerhin mehr als 7000 Stücke mit den Originalen von Ray und Charles Eames, Girard und Panton und 1300 Leuchten, darunter Lampen vom Bauhaus-Designer Wagenfeld, brauchte es ein Lager mit Präsentationsmöglichkeit. Da das Firmengelände ohnehin schon einem Architekturmuseum gleicht, sollten in diesem Gebäude die Ausstellungsstücke dominieren und nicht die Architektur. Fehlbaum sagte auf der Eröffnung am 6. Juni 2016, dass er bereits eine Planung für ein komplett unterirdisches Depot begonnen hatte. Doch dann hat er doch das Baseler Architektenduo Herzog & de Meuron beauftragt, ein zurückhaltendes, einfaches Gebäude zu entwerfen.

Die beiden Architekten sind bisher nicht durch besonders unauffällige Arbeiten aufgefallen, wenn man an die ausdrucksstarken Bauten wie das Olympia-Stadion in Peking („Vogelnest“) oder an die  Elbphilharmonie in Hamburg denkt. Es brauchte schon viel Vertrauen und Weitsicht für solch ein Vorhaben.

Doch Rolf Fehlbaum hat in der Architektur mehrfach ein glückliches Händchen bewiesen. Er hat Zaha Hadid, die bis dahin mit ihren Entwürfen als „unbaubar“ galt, mit einem Feuerwehrhaus auf dem Vitra-Gelände zum Durchbruch verholfen. Frank O. Gehry und Tadao Andō hat er jeweils kurz vor der Verleihung von deren Pritzker-Preisen engagiert. Die Latte für den Neubau war also hoch gelegt.

 

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Rolf Fehlbaum (links im Bild) diskutiert mit den Architekten Jaques Herzog und Pierre de Meuron und dem Direktor des Vitra-Designmuseums Mateo Kries (von rechts) den Entwurf und die Realisierung des Neubaus des Schaudepots für das Vitra-Designmuseum in Weil am Rhein. Veranstaltung am 3. Juni 2016

Entstanden ist eine in rote Ziegel gehüllte, fensterlose Scheune mit Satteldach, der Archetypus einer Urhütte /4/. Die ausgewogenen Proportionen und die Schlichtheit der Erscheinung sind der einzige Zierrat an dem Gebäude. Der Entwurf ist so einfach und so wohl proportioniert, dass er das Potenzial hat, einen neuen Trend zu begründen.

Im Inneren gibt es nur einen großen, bis zum Dach hin offenen Raum, in dem in einfachen Regalen die zur Ausstellung ausgewählten Objekte präsentiert werden. Im Untergeschoß kann man durch kleine Fenster noch einen Blick in das weitläufige Lager der Sammlung werfen.

Die Weitsicht des Auftraggebers Rolf Fehlbaum sollte sich auch diesmal wieder bestätigen. Ende Oktober 2016 wurde bekannt, dass das Architektenduo Herzog & de Meuron in Berlin das Museum der Moderne direkt neben die Architektur-Ikonen von Ludwig Mies van der Rohe und Hans Scharoun bauen wird. Es sieht so aus, dass das Schaudepot in Weil am Rhein für die neue „Kunstscheune“ von Berlin/4/ das Modell gewesen ist.

Die Firma Vitra in Weil am Rhein ist bekannt für  hochwertige Designer-Möbel. Der  Eigner und langjährige Leiter Rolf Fehlbaum sammelt Architektur, wie andere Briefmarken oder teure Uhren. Beim Neuaufbau des Werkes nach einem Feuer im Jahr 1981 arbeitete er mit namhaften Architekten wie Zaha Hadid, Tadao Andō, Frank O.Gehry und insbesondere auch Herzog & de Meuron  zusammen. Es entstand über die Jahre ein Campus mit sehenswerter und in vielen Fällen programmatischer Architektur.

Literatur:
/1/ https://de.wikipedia.org/wiki/Vitra
/2/ https://www.vitra.com/de-de/home
/3/ https://www.herzogdemeuron.com
/4/ https://www.welt.de/kultur/kunst-und-architektur/article159118168/Wie-man-einen-Architekturwettbewerb-gewinnt.html
/5/ Eröffnungsveranstaltung des Schaudepots mit Podiumsdiskussion am 03. Juni 2016 in Weil am Rhein
/6/ Persönliche Gespräche am 03. Juni 2016 in Weil am Rhein
Die Webseiten wurden am 28.10.2016  abgerufen.

Text als PDF downloaden: W01_Vitra_Schaulager_K6-2016-IN