Tel Aviv ist für die zahlreichen weißen Gebäude aus der Bauhauszeit weltbekannt. Aber auch in der Jahrtausende alten Stadt Jerusalem hat der Baustil der Moderne deutliche Spuren hinterlassen.

Tel Aviv ist die „Weiße Stadt“ und mit mehreren Tausend Gebäuden aus der Bauhauszeit weltberühmt geworden. Bei Jerusalem denkt man eher an die Jahrtausende alte Tradition und die Wurzeln der großen Weltreligionen. Touristen besuchen die sehenswerte Altstadt, die Klagemauer, den Tempelberg oder die Grabeskirche. Jerusalem ist jedoch auch ein Zentrum der modernen Architektur. Gebäude aus der Bauhauszeit beherrschen mit ihrer typischen Formensprache ganze Stadtviertel. Allerdings sucht man die weiße Farbe vergebens.

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Ein Geschäftshaus mit abgeschatteten Fensterbändern und zahlreichen kleinen Geschäften im Erdgeschoß (Straße: Yafo 35, 1935)

Nach dem Ende der osmanischen Herrschaft 1917 hatte Jerusalem gut fünfzigtausend Einwohner. Heute sind es fast eine Million. Vor allem in den 1930er Jahren kamen jüdische Einwanderer hauptsächlich aus Deutschland, aber auch aus Frankreich, Polen, Österreich, Ungarn und der Sowjetunion in das damals unter britischer Verwaltung stehende Mandatsgebiet. Sie brachten ihre Kultur, ihre Architektur und ihre Lebensweise mit ins Land. Im Schmelztiegel mit orientalischen Einflüssen entwickelte sich ein kreatives Klima und ein eigenständiges Gefüge. Architekten wie Richard Kauffmann oder Erich Mendelsohn brachten aus Deutschland architektonische und stadtplanerische Ideen mit, die sie in der schnell wachsenden Stadt umsetzen konnten. Einflüsse aus Frankreich und Osteuropa kamen hinzu. Es entwickelte sich in der heute als „International Style“ bezeichneten Bauform ein nur schwer abgrenzbares, jedoch eigenes Jerusalemer Architekturgefüge.

Ein altes Gesetz bestimmte für alle Bauten in Jerusalem, den lokalen Kalkstein als Fassadenmaterial zu verwenden. Weiße Fassaden und große Glasflächen waren tabu. Dadurch verbindet sich die moderne Architektur nahezu nahtlos mit der vorhandenen Substanz.

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Einfache Funktionalität verspricht dieses abgerundete Eckhaus (Straße: Yafo 35, Architekt: Reuven Avram, 1936-38, aufgestockt 1940)

Ausgehend von der historischen Altstadt entstanden in den 1930er und 1940er Jahren entlang des Boulevards der Jaffa-Straße und um die König-George-Straße herum, aber auch im Süden der Stadt und am neuen Campus der Hebräischen Universität zahlreiche Bauten im modernen Stil. Die Architekten griffen die Ideen der Zeit auf. Schlichte Fassaden, flache Dächer, waagerecht gegliederte Fensterbänder, gerundete Gebäudeecken und Balkons dominieren die funktionalen Gebäude.  Bankgebäude, Geschäftshäuser und auch klassische Einfamilienhäuser entstanden in diesem Stil und prägen bis heute das Stadtbild.

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Blauer Himmel, Palmen und moderne Fassaden. Sieht aus, als wenn das Gebäude aus der heutigen Zeit stammt (Bankgebäude, Architekt: Erich Mendelsohn, 1936-39)
Heller Kalkstein dominiert die Fassaden der Gebäude in Jerusalem. Beginnend mit dem Ende der 1930er Jahre entstanden zahlreiche Gebäude im Internationalen Stil, der in Jerusalem eine eigene, schwer abgrenzbare Form erreichte.

Literatur:
/1/ Ulrich Knufinke, Bauhaus: Jerusalem, Bauhauscenter Tel Aviv-Yafo, 2012, www.bauhaus-center.com
/2/ https://de.wikipedia.org/wiki/Jerusalem
/3/ https://cubenuovo.com/2017/06/02/ein-bauhaus-gebaeude-unter-den-top-10-attraktionen-im-alten-jerusalem/
/4/ https://cubenuovo.com/2017/04/28/tel-aviv-die-stadt-in-der-die-bauhaus-architektur-ihre-heimat-gefunden-hat/

Die Webseiten wurden am 04.11.2023 abgerufen.

Die Gebäude stehen in Jerusalem in Israel in den Straßen Yafo, King George und Umgebung.

Download der Printversion: 191_Bauhaus_Jerusalem_K96-2023