Als der Architekt Erich Mendelsohn 1934 begann, das Haus für Chaim Weizmann und seine Frau Vera in Rehovot in Palästina zu planen, konnte er nicht ahnen, dass es gut zehn Jahre später die Villa des ersten Präsidenten von Israel werden sollte.
Eine Villa für eine charismatische Führungspersönlichkeit zu entwerfen, ist eine Herausforderung für jeden Architekten. Der 1933 aus Deutschland nach England übergesiedelte Architekt Erich Mendelsohn hatte bereits einiges an Erfahrung. Mit dem Einstein-Turm in Potsdam konnte er die Anforderungen eines Baus für die Wissenschaft in einer skulpturalen Architektur verwirklichen. Für die Kaufhauskette Schocken baute er stadtbildprägende Gebäude u.a. in Stuttgart und Chemnitz. Salman Schocken war es auch, der Mendelsohn mit dem Bau seines Wohnhauses in Jerusalem betraute.

Der in England lebende Chemiker Dr. Chaim Weizmann hatte gerade in Rehovot unweit von Tel Aviv ein Forschungsinstitut, das Daniel-Sieff-Institut, gegründet. Er beabsichtige, sich in unmittelbarer Nähe, ein Wohnhaus zu bauen. Auf einem Hügel mit einem weitläufigen Blick über die Küstenregion sollte der Bau entstehen.

Auf Empfehlung von Salman Schocken bekam Erich Mendelsohn den Auftrag. Es wurde keine einfache Planung. Mehrfach gerieten Mendelsohn und die Weizmann-Familie aneinander, über die Baukosten von gut 20.000 engl. Pfund und auch über die Ausstattung des Baus, der repräsentativ, jedoch nicht luxuriös werden sollte. Am Ende einigte man sich und nach einem Jahr Bauzeit konnte der Bau im Januar 1937 bezogen werden. Mendelsohn schuf einen skulpturalen Bau, der in einer einzigartigen Symbiose die Struktur mediterraner Atriumhäuser mit der Kubatur von Bauhaus-inspirierten Gebäuden verband. Als besonderes Extra ragt in der Mitte des Gebäudes ein vertikal strukturierter, halbrunder Treppenhaus-Turm heraus, der wie ein Scharnier die Gebäudeteile verbindet. Dabei zitiert er die halbrunden Glastürme, die schon für seine Kaufhaus-Gebäude das Markenzeichen waren. Dem Klima angepasst wird der Glasturm hier von senkrechten, lamellenförmige Säulen beschattet.
Innen zieht sich ein sehenswertes Spiraltreppenhaus über die drei Geschosse. Im Erdgeschoß befinden sich die Arbeits- und Repräsentationsräume, unter anderem das Kaminzimmer und die Bibliothek, in denen später weltgeschichtlich bedeutende Treffen stattfanden. Darüber liegen die privaten Räume, eingerichtet in einem sachlichen und unaufgeregten Stil.
Als Chaim Weizmann 1949 zum ersten Präsidenten Israels gewählt wurde, bekam das Haus plötzlich politische Bedeutung. Als Dienstvilla des Präsidenten stand es im Mittelpunkt der Nahostpolitik. Inzwischen ist das von ihm gegründete Forschungsinstitut als Weizmann Institut of Science weltberühmt und um das Gebäude herumgewachsen.
Chaim Weizmann (1874-1952) war Chemiker. Er hatte unter anderem auch in Darmstadt studiert. 1921 wurde er Präsident der Zionistischen Weltorganisation. Sein Wohnhaus auf dem Campus des später nach ihm benannten Instituts wurde 1949 die Villa des ersten Präsidenten des Staates Israel.
Erich Mendelsohn (1887-1953) war einer der bedeutendsten Architekten seiner Zeit.
Literatur:
/1/ https://en.wikipedia.org/wiki/Weizmann_House
/2/ https://www.weizmann.ac.il/vs/on-campus/weizmann-house
/3/ https://www.architecturaldigest.in/content/iconic-house-erich-weizmann-israel/#s-cust0
/4/ https://de.wikipedia.org/wiki/Chaim_Weizmann
/5/ The Weizmann House, ed. by Yivsam Azgad , The Weizmann Institut of Science , A.a.O. 2019
/6/ Campus Buildings, ed. by Yivsam Azgad, The Weizmann Institut of Science, A.a.O. 2019
Die Webseiten wurden am 23.09.2020 abgerufen.
Ein herzliches Dankeschön an den Besucherservice des Weizmann Institut of Science für die exklusive Führung und die Möglichkeit zu fotografieren.
Das Gebäude steht in Rehovot/Israel auf dem Gelände des Weizmann-Instituts und kann besichtigt werden.
Download der Printversion: 139_Weizmann-Haus_K70-2020