Die Berliner Kunstlandschaft ist reich gesegnet mit Museen und Ausstellungshäusern. Nach der deutschen Teilung und dem Bau der Mauer lag der Schwerpunkt jedoch im Osten. Ein neues, identitätsstiftendes  Museumsgebäude im Westen musste her.  

Nach Kriegsende versuchte man in Berlin die Lücken in den Kunstsammlungen wieder zu füllen.  Insbesondere Werke der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts waren während der Naziherrschaft  als „entartet“ gebrandmarkt und aus den Museen verbannt worden. Der Neuaufbau der Sammlungen ging nur schleppend voran. Mit der deutschen Teilung und vor allem nach dem Bau der Mauer wurde klar, dass Westberlin ein eigenes Museum für die Kunst der Moderne braucht. Ein Platz für den Bau am neugegründeten Kulturforum war schnell gefunden.

Architektonisch sollte der geplante Bau natürlich auch die Moderne repräsentieren.  Der Senat von Westberlin begann die Suche nach einem namhaften Architekten für den Neubau.

Ludwig Mies van der Rohe war inzwischen in Chicago ansässig. Er war der letzte Direktor des Bauhauses vor dessen endgültiger Schließung im Jahr 1933. Er verließ Deutschland 1938. In Chicago hat er mit zahlreichen spektakulären Bauten größtes internationales Ansehen erlangt. Er nahm den Auftrag aus seiner früheren Heimat in Berlin an.

Ludwig Mies van der Rohe war begeistert von den neuen Möglichkeiten, mit Beton und Stahl große, offene und stützenfreie Räume zu bauen und durch große Glasfassaden Innen und Außen zu verschmelzen. Er musste seine modernen Vorstellungen mit den traditionellen klassizistischen Bauten der Berliner Museumslandschaft in Einklang bringen und trotzdem ein Ausrufezeichen setzen. Direkt neben dem Bauplatz entstand gerade die Berliner Philharmonie von Hans Scharoun, ein Paukenschlag der Moderne.

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Im oberen Ausstellungsgeschoss verschmelzen Innen und Außen. Der Raum ist leer und stellt Künstler und Ausstellungsgestalter vor große Herausforderungen. So müssen Blickachsen und wechselnde Lichtverhältnisse berücksichtigt werden.

Mies van der Rohe entwarf einen Kunsttempel, eine Säulenhalle auf einem Podest. Er begradigte das leicht abfallende Gelände am Landwehrgraben mit einem mehr als hundert Meter breiten Granitsockel. Dieser beinhaltet eine komplette, konventionelle Museumsetage und die notwendigen Nebenräume. Diese Ausstellungsräume zeigen Werke der umfangreiche Sammlung der inzwischen wiedervereinigten Nationalgalerie und auch Sonderausstellungen.

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Gleichzeitig schafft der Bau auch Transparenz. Die Kunst wird nicht versteckt, sondern ist auch von außen sichtbar.

Das architektonische Highlight ist das obere Ausstellungsgeschoss. Es ist rundum verglast. Darüber erhebt sich ein nahezu frei schwebendes Stahldach, das nur durch filigrane Außenträger gehalten wird. Es bildet einen stützenfreien, transparenten Universalraum mit ganz anderen Ausstellungsmöglichkeiten als im Untergeschoss.
Der Bau begeisterte die Architekturwelt von Anfang an. Für die Künstler war es eine Herausforderung. In den meisten Museen wurden die Fenster verhängt, um die Objekte möglichst unabhängig von den Schwankungen des Tageslichtes perfekt zu präsentieren. Hier musste man Lichtverhältnisse und Blickachsen in die Ausstellungsgestaltung einfließen lassen.

Nach knapp drei Jahren Bauzeit wurde 1968 eröffnet. Spektakuläre Ausstellungen und Auseinandersetzungen über die moderne Kunst gehörten fortan zum Leben des Baus.

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Nach fast fünfzig Jahren Kunstbetrieb wurde der Bau 2015 geschlossen und durch David Chipperfield Architects umfassend erneuert. Seit 2021 strahlt die Galerie wieder im alten Glanz.

Nach fast 50 Jahren Kunstbetrieb war eine Generalsanierung notwendig. 2015 wurde die Galerie für fünf Jahre geschlossen und von David Chipperfield Architects sorgsam erneuert.

Ludwig Mies van der Rohe (1886-1968) war ein deutsch-amerikanischer Architekt. Er gilt als einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der  Moderne. Der Barcelona-Pavillion von 1929 und das Seagram-Building in New York von 1958 sind programmatische Beispiele seiner Architektur. Die Neue Nationalgalerie in Berlin ist eines seiner letzten Werke und das einzige, das nach dem Krieg in Deutschland realisiert wurde.

Literatur:
/1/ https://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Nationalgalerie
/2/ https://neue-nationalgalerie-elements.de/
/3/ https://www.bbr.bund.de/BBR/DE/Bauprojekte/Berlin/Kultur/NNG/neuenationalgalerie.html
/4/ https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Mies_van_der_Rohe
Die Webseiten wurden am 03.09.2023  abgerufen.

Das Gebäude steht in Berlin am Kulturform, Potsdamer Straße 50, nicht weit von der Berliner Philharmonie und dem Potsdamer Platz.

Download der Printversion: 189_Neue_Nationalgalerie_K95-2023