Beim Bau der Berliner Philharmonie platzierte der Architekt Hans Scharoun das Orchester in der Mitte des Konzertsaals und baute ein Gebäude wie ein Zelt. Es wurde die Inspiration für zahlreiche Konzerthäuser in der ganzen Welt.

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Ein weißer Querbau verbindet das Philharmoniegebäude rechts mit dem Kammermusiksaal. Der aufgewertete Hintereingang erschließt die Philharmonie hin zum Potsdamer Platz.

Man läuft einmal ums Gebäude herum zum Haupteingang des Berliner Konzerthauses der Superlative, der Philharmonie. Als Ende der 1950er Jahre die Planung begann, war der Potsdamer Platz Brachland. Der Architekt Hans Scharoun hatte den Wettbewerb gewonnen und plante das Gebäude als Bestandteil des zukünftigen Kulturforums zum Tiergarten nach Nord-West ausgerichtet. Als nach dem Fall der Berliner Mauer der Potsdamer Platz wieder ein belebtes Zentrum Berlins wurde, musste man den Hintereingang aufpolieren, um den Zugang von der nun wichtigeren Süd-Ost-Seite attraktiver zu gestalten. Das ist aber nicht das einzige ungewöhnliche an diesem Haus. Es ist der erste Bau, bei dem der Architekt das Orchester in der Mitte des 2200 Plätze fassenden großen Konzertsaales platzierte. Zuschauerränge nach allen Seiten sollen eine gleichmäßig gute Akustik auf allen Plätzen ermöglichen. Getreu dem Bauhaus-Motto „Form follows function“ spannt sich der Bau wie ein Zirkuszelt um die Ränge.

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Der Haupteingang zum großen Saal der Berliner Philharmonie (links im Bild) befindet sich heute auf der Gebäude-Rückseite.

Im Volksmund hieß der Bau auch gleich „Zirkus Karajani“ nach dem damaligen Dirigenten der Philharmoniker Herbert von Karajan. Berliner Großprojekte waren auch damals schon schwierig. Trotzdem wurde das Hauptgebäude bereits nach drei Jahren Bauzeit Ende 1963 in Betrieb genommen.

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Wie eine Zeltstruktur umschließt der Bau die Zuschauerränge rund um den zentral angeordneten Platz für das Orchester. Eine Skulptur „Phoenix“ ziert das Dach des großen Saals der Philharmonie.

Aus Kostengründen hatte der Berliner Senat auf die Fassadenverkleidung verzichtet und den Betonbau in hellem Ocker anstreichen lassen. Das verstärkte den Zelteindruck natürlich noch. Das akustische Konzept ging jedoch auf. Der Bau gilt bis heute als einer der besten Konzertsäle der Welt. Gleichzeitig hatten die Westberliner damit direkt an die gerade gebaute Berliner Mauer eine repräsentative, moderne Architektur gestellt, auch als Entgegenung für die nach der Berliner Teilung hauptsächlich im Osten verbliebenen Theater und Konzertsäle.

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Seit den frühen Achtzigern erscheint der Bau goldig glänzend durch die nachträglich angebrachte Aluminium-Fassadenverkleidung.

International erregte das Haus sehr viel Aufsehen. Es war nicht nur der Status, dass Westberlin jetzt ein adäquates, hervorragendes Konzerthaus hatte. Auch die Gebäudestruktur mit der Platzierung des Orchesters mitten im Saal fand Freunde. Bis in die heutige Zeit entstanden weltweit Konzertsäle, die diese Ideen aufgegriffen und in hervorragender Weise in neue Bauten umgesetzt haben. Beispiel hierfür sind die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles oder die Hamburger Elbphilharmonie.

Auch in Berlin wurde weitergebaut. 1978 erhielt das Gebäude fast zeitgleich mit dem Bau der gegenüberliegenden Staatsbibliothek die goldfarbene Außenhaut, eine Verkleidung aus eloxierten Aluminiumplatten.

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Der kompaktere Gebäudeteil des Kammermusiksaals wurde nach dem Tode von Hans Scharoun von seinem Büropartner Edgar Wisniewski realisiert.

1984-87 ergänzte Hans Scharouns Schüler und Büropartner Edgar Wisniewski den Komplex um den kleineren Kammermusiksaal.  Das Gebäude ist etwas kompakter. Es fügt sich gut in denKomplex ein. Beide Gebäude wurden über einen erweiterten weißen Horizontalbau mit einer umlaufenden Galerie in der ersten Etage verbunden. 2009 wurde im Rahmen der Neugestaltung des Foyers der Hinterausgang des Gebäudes aufgewertet. Er öffnet den komplexen und räumlich verwirrenden Bau nun über den Parkplatz hin zum Potsdamer Platz.

Hans Scharoun (1893-1972) war ein deutscher Architekt. Er ist Hauptvertreter des „Organischen Bauens“, einer Architektur, bei der sich die Gebäudeform aus der Funktion ergibt. Seine Hauptwerke sind ein Bau in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung, das Haus Schminke in Löbau und gemeinsam mit seinem Büropartner Edgar Wisniewski der Komplex der Berliner Philharmonie und der Neubau der Staatsbibliothek.

Literatur:
/1/ https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Philharmonie
/2/ https://www.dw.com/de/50-jahre-berliner-philharmonie/a-17155861
/3/ https://www.grandtourdermoderne.de/orte/ortedetails/146/
/4/ https://www.berliner-philharmoniker.de/philharmonie/architektur/
/5/ https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Scharoun
Die Webseiten wurden am 03.11.2020  abgerufen.

Der Artikel wurde auf Grund der Anmerkungen nachträglich nochmal angepasst.

Der Gebäudekomplex steht in Berlin unweit des Potsdamer Platzes, Herbert-von-Karajan-Straße 1.

Download der Printversion: 141_Philharmonie_Berlin_K71-2020-4